About Interfashion
Das Kleid und sein Thema

Spätestens seit Charles Baudelaire gilt Mode als Paradigma der modernen Kultur. In „Le peintre de la vie moderne“ (1863) gesteht er der Mode, einem vermeintlich nur banalen Alltagsphänomen, eine zentrale Rolle in seiner Ästhetik der Moderne zu, und bricht damit die Unterscheidung zwischen hoher und niedriger Kultur auf.
Trotz dieser frühen Positionsbestimmung der Mode als ernstzunehmenes ästhetisches Phänomen ist der enge Konnex zwischen Kunst, Mode und Alltagskultur seither immer nur sporadisch erforscht und theoretisiert worden, und auch heute noch genießt die Mode in Österreich nur selten Wertschätzung innerhalb der akademischen Forschung.
Dies mag, neben der nach wie vor mangelnden mode- und kulturwissenschaftlichen Tradition auch daran liegen, daß sich eine Einordnung der Auseiandersetzung mit Mode in den klassischen Fächerjargon als schwierig erweist.
Tatsächlich kann Mode am ehesten in interdisziplinärer Perspektive analysiert werden.
Die wichtigsten Modetheorien des 20. Jahrhunderts stammen aus der Soziologie (Georg Simmel, René König) und Semiologie (Roland Barthes) und erfassen Mode vor allem als ein soziales Zeichensystem, das zwar der wichtigen Rolle der Mode in den modernen Gesellschaften Rechnung trägt, aber doch nur einen Teil ihrer Bedeutung zu erfassen vermag.
Umfassender deutet Gilles Lipovetsky Mode als Modell des modernen Lebens schlechthin, das sie längst durchdringe und strukturiere. Jean Baudrillard legt den Schwerpunkt seiner Analyse auf die Todessüchtigkeit der Mode, die gerade ihre Dauer (in der Wieder-auferstehung) ausmache. Die Kunsthistorikerin Anne Hollander analysiert die Mode unter dem Aspekt der Geschichte künstlerischer Formen seit der Antike, während für Valerie Steele der Konnex zwischen Mode und Erotik ausschlaggebend ist.
Diese wenigen, aber durchaus wegweisenden Beispiele moderner Modeanalyse und -theorie machen die Bedeutung der Mode unmißverständlich klar. Die Auswahl verdeutlicht dennoch, daß Überlegungen zur Partizipation der Mode am System der zeitgenössischen Kunst und zu ihrer Rolle und Funktion innerhalb einer Theorie ästhetischer Wahrnehmung noch nicht in ausreichendem Maße erforscht worden sind.¹

Die Veranstaltungsreihe Interfashion unternimmt den Versuch, Mode in den zeitgenössischen Kunstkontext einzubetten, sie aus unterschiedlichen kulturtheoretischen Perspektiven zu beleuchten, und sie auf ihre mannigfaltigen Funktionen hin zu untersuchen.

Neben der Mode als Praxis der Produktion, wird ihre Eigenschaft der Inszenierung und der Wahrnehmung in der Kunst erörtert sowie ihre Schnittstellen zu Disziplinen wie Theater, Fotografie, Musik und Architektur diskutiert. In theoretischen und praktischen Einheiten (Produktionen, Lectures) findet eine Verortung der Mode im aktuellen Kunstdiskurs statt.

Die Analysen und Ergebnisse von Interfashion werden online sowie in einer Publikation veröffentlicht.

Aufbau:

Die Veranstaltungsreihe Interfashion ist in mehrere Module aufgebaut, wobei sich jedes Modul einem anderen Themenschwerpunkt widmet.

Daten:  

Modul #1: Das Kleid und sein Spiel. Das Kostüm. 25.-27. April 2008
Modul #2: Das Kleid und sein Abbild. Modefotografie. 12.Mai-04.Juni 2010
Modul #3: Mode als soziale Skulptur. August 2013 im Rahmen von "Die konkrete Utopie", Die Mühle, Schwarzau


Idee und Realisation:

Andrea Schlemmer (Modul #1+2+3)
Claudia Holzer (Modul #1)
Doris Psenicnik (Modul #2)

¹ Lehnert, Gerda. Die Kunst der Mode. Potsdam, 2003

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